Ketten-Öler Eigenbau

  • So, liebe Freunde der geölten Kette...


    Nachdem ich immer wieder mal des Themas Kettenöler ansichtig wurde – sei es nun von Scottoiler, Tutoro, Rehoiler, Cameleon oder wem auch immer – gärte das Thema immer rezessiv im meinem Hinterkopf herum, bis ich nun kürzlich nochmal nachhaltig mit der Nase darauf gedrückt wurde, als ein neuer Kettensatz bei mir anstand. Da meine anderen kleinen Ein- und Umbau-Projekte (Cockpit-Erweiterung, Kraftstoff-Anzeige mittels LED-Bargraph, Umbau auf LED-Front-Scheinwerfer, LED-Zusatzscheinwerfer usw., usw.) bereits seit längerem erfolgreich abgeschlossen waren, und ich eine neue Beschäftigung für schlaflose Nächte benötigte, habe ich mich denn mal dem Thema Kettenöler gewidmet.


    Was mir von vornherein stets sauer aufstieß, war zum einen der vergleichsweise hohe Preis einer fertigen Öler-Lösung und zum anderen dieses offenbar nervige rein gravitativ arbeitende System, welches eine ordentliche Dosierung aus meiner Sicht nahezu unmöglich macht. Stellschraube hier, Feinjustierung da… und dann die Viskosität des Öls beachten… und je nach Witterungslage Temperaturschwankungen, welche sich auch auf die Viskosität und somit auf die Fließeigenschaften des Öls auswirken… Pah! Wozu gibt es denn Pumpen!?! Zugegeben, bei einem Öler geht es um wirklich minimale Flußraten, aber auch diese lassen sich mit ansonsten für mehr Volumen ausgelegten Pumpen bewerkstelligen.


    Ich will nun nicht mit der fröhlichen und erhellenden Suche nach den geeigneten Komponenten langweilen… nur so viel sei an dieser Stelle angemerkt: Im Bereich der Medizintechnik findet sich fast alles, was man für ein zuverlässiges System dieser Art benötigt.


    Mit ein oder zwei kleinen fertig konfektionierten Helferlein aus dem Bereich der über Amzon und eBay vertriebenen elektronischen Gadgets asiatischer Herkunft und etwas kreativer Kombinationsgabe kann ich nun freudig verkünden: Mit ein wenig motivierter Handarbeit und für schmales Geld habe ich ein für meine Belange und Wünsche perfektes Kettenöler-System realisiert.


    Die monetären Aufwendungen lassen sich spontan nicht ganz genau beziffern, da ich viele verschiedene Varianten ausprobiert und teilweise wieder verworfen habe... zudem gehöre ich zu der Sorte, die sich sagen: "Warum nur eins kaufen, wenn ich für den doppelten Preis zwei haben kann!?!"


    Grob geschätzt, wenn man das Ganze nachbauen wollen würde und von vornherein weiß, was man braucht und was nicht, schätze ich die Kosten auf etwa 50 EUR. Diese Bezifferung muß ich hier gleich etwas relativieren, denn alleine die kleine Schlauchpumpe (die ist ECHT KLEIN!) hat mich etwa 60 EUR gekostet. Das liegt daran, daß es eine echt hochwertige Miniatur-Schlauchpumpe aus dem Medizintechnik-Zubehör ist. Diese ist eigentlich – wie sich leicht vermuten läßt – für medizinische Zwecke gedacht, genauer gesagt für Infusionspumpen mit Flußraten um die 0,2 bis 0,45 ml/min (!)… im Dauerbetrieb! Also wirklich feinste Feinwerktechnik. Es gibt sicherlich auch asiatische Nachbauten und/oder ähnliche Konstrukte für DEUTLICH weniger Geld (typischerweise liegen kleine Schlauchpümpchen für den Aquarium-Bedarf u.ä. um die 5-10 EUR). Wenn man Lieferzeiten von 2-4 Wochen um den halben Globus in Kauf nehmen kann, findet sich hier also sicherlich etwas für den schmalen Geldbeutel. Mir ging es in erster Linie zunächst mal um einen proof-of-concept, und ich wollte die Entwicklungszeit nicht unnötig über Monate ausdehnen, weil von mir auserkorene Einzelteile wochenlange Lieferzeiten haben.


    Ganz grob besteht meine Konstruktion aus folgenden Teilen:


    • einem Standard-Kunststoffgehäuse (hatte ich noch rumliegen, ich glaube von Conrad oder ELV)
    • einem fertigen Timer-Chip mit Relais, vier 7-Segment-Anzeigen und 3 Knöpfen zum Einstellen des Timings der Pumpe (ich habe mich bis auf weiteres für 2 Sekunden Pumpen gefolgt von 60 Sekunden Pump-Pause entschieden… dann von vorne)
    • zwei kleine einstellbare Step-Down-Converter-Chips; einer als "Vorschaltgerät" vor den Timer-Chip (eingestellt auf ca. 10-12 V) und ein zweiter vor der Schlauchpumpe, da diese nur mit 3 V betrieben wird; bei 14 V Bordspannung im laufenden Betrieb würde sie sonst ein Schleudertrauma erleiden
    • etwa zwei Meter weicher Silikonschlauch, Innendurchmesser 1.5 mm, Außendurchmesser 2.5 mm
    • etwa zwei Meter klarem PVC-Schlauch (Innendurchmesser ca. 3 mm); als Schutzummantelung für den dünnen Silikonschlauch
    • einen Petling (PET-Flaschen-Rohling) wie man ihn gerne als Behältnis beim Geo-Caching verwendet; allerdings in einer XXL-Variante, aus der Kanister u.ä. geblasen werden; dieser dienst mit als Öl-Tank/Vorratsbehälter
    • ein paar dünne Kunststoff-Röhrchen/Tüllen, wie man sie von Sprühdosen für Sprüh-Öl (WD40, Mo,…), Etikettenlöser, Kühlspray, Druckluft o.ä. kennt… diese dienen mir als Schlauchverbinder und als Öl-Applikations-Tülle/Düse am Kettenrad
    • ein starker Topf-Magnet zum Fixieren des Kunststoffgehäuses mit der Elektronik im Radkasten
    • eine – keine Ahnung, wie es korrekt heißt – gummierte Schlauch-/Rohrmuffe zur befestigung des PET-Öltanks
    • ein zum Winkel gebogenes Lochblech zur Befestigung des Elektronik-Gehäuses und der Rohrschelle am Petling-Öltank
    • für die allgemeine Montage und Befestigung ein paar Schrauben, Muttern, Unterlegscheiben, Federringe
    • ein paar selbstklebende Kabel-Clips zwecks Routing des Schlauchs am Rahmen entlang


    Für eine genaue Aufstellung der exakt verwendeten Bauteile einschließlich Bezugsquelle und Preis fehlt mir gerade ein wenig die Motivation, allerdings bin ich bei gesteigertem Interesse und Bedarf gerne bereit, mich da noch mal in Ruhe dran zu setzen und/oder Nachfragen so gut wie möglich zu beantworten.


    Vorerst möchte ich mit einigen Bildern und evtl. kleinen Videos aus dem gesamten Entstehungsprozess hier einen kleinen Einblick geben.


    (Bilder und Videos folgen sukzessive in separaten Postings)

  • Ich glaub das was Du (oder jemand der selber sowas nicht konstruieren kann aber dieselben wünsche hat wie Du) suchst/brauchst ist ein McCoi


    Zugegeben, der Preis ist dann natürlich etwas höher, man bekommt für die 115€ (oder 135€ für das "Deluxe-Modell" das hauptsächlich ein bisschen mehr Montagematerial beinhaltet) dafür allerdings auch einen recht beachtlichen Funktionsumfang (vor allem auch gegenüber dem deutlich teureren Scootoiler):


  • Für die folgenden Bilder ist etwas Erklärung nötig.

    Den "schnorcheligen" Absauger für in den Öl-Tank (quasi Strohhalm), habe ich unten mit einem Sieb versehen, um das Einsaugen von Krümeln u.ä. zu vermeiden. Nicht, daß das die Kette oder das Kettenrad stören würde... aber der Schlauch könnte verstopfen (Innendurchmesser 1.5 mm).
    Also habe ich zwei SEHR kurze Stücke PVC-Schlauch genommen und diese mit einem Stück Sieb dazwischen wieder zusammengeklebt. Quasi als Filter.

    Dann habe ich diesen Filter mit dem Saugrüssel verklebt und noch einen Magneten dran gemacht. Der Magnet sorgt mit einem 2. Magneten am Tankboden dafür, daß der Rüssel immer unten am Boden des Tanks bleibt. Keine Ahnung, ob das Sinn ergibt und/oder nötig ist... hat aber Spaß gemacht.;)



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    Das Gehäuse hat noch einen von außen bedienbaren Umschalter bekommen, so daß man den Timer umgehen und auf "Dauerpumpen" schalten kann... was für eine Erstbefüllung ("Primen") u.ä. nützlich sein kann:


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  • Ich glaube auch, dass du dich zum Rehoiler nicht vollständig belesen hast. Die Kosten die du dafür hast sind exakt die Kosten für die Einzelteile für Elektronik und Tank und so. Da gibt's Pumpen von Dellorto, die immer genau die gleiche Fördermenge pro Pumpstoß abgeben, die deutlich günstiger sind als solche Medizintechnik Teile. Da gibt's auch eine Version mit Bluetooth und App fürs Handy, da kannst du jederzeit die Fördermenge einstellen.

  • Und hier mal die erste Grobmontage im Radkasten. Das Winkelblech ist noch etwas überdimensioniert, aber etwaiger Feinschliff kommt später.


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    Hier sieht man schön das "Schlauch-in-Schlauch"-Gefüge (dünne, weicher Silikonschlauch in dickerem klaren PVC-Schlauch). Der Silikonschlauch ist noch milchig weiß... das liegt am Puder, mit dem er im Auslieferungszustand versehen ist.


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    selbstklebende Kabel-Clips für die Schlauchführung


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    Hier kommen wieder die tollen Sprüh-Tüllen-Aufsätze von den Sprüh-Dosen zum Einsatz. Lassen sich einfach ablängen und leicht erhitzt kann man sie auch sehr einfach biegen und in Form bringen:


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    Schließlich noch eine kleine Silikonschlauch-Spitze drauf, die dauerhaft Tuchfühlung zum Kettenrad hat...


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    Verkleidung wieder drum...


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    Da sieht man nur noch den kleinen roten Stippel rausgucken...


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    Und hier wo der Schlauch läuft:


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  • Selberbastellösungen find ich immer gut!


    Allerdings kommt mir bei der Durchsicht der obigen Fotos gleich eine Frage in den Sinn: Ist es sinnvoll, die Ölführenden Teile und das Reservoir genau in die Einschussrichtung vom Hinterrad zu legen? Das hat gleich 2 Nachteile: zum einen wird es da schnell dreckig und die Gefahr eines Steineinschlages ist recht hoch, zum anderen - und das würde mich noch mehr beunruhigen - wenn da mal was undicht wird tropft Dir das Öl genau dahin, wo Du es nicht haben willst auf den Reifen!

    Die Anbringung sollte meiner Meinung nach daher noch mal reiflich überdacht werden. Ansonsten kann ich mir vorstellen, dass Du ganz zufrieden sein wirst, mit Deinem Öler.


    Gruß

    Karsten

    Hier könnte Ihre Signatur stehen!

  • Danke für den Kommentar, Landy-Paule.

    Ein sehr guter Einwand in der Tat. Die Montageposition beruht noch auf einem Erstentwurf, der etwas größer war (weil die Pumpe noch deutlich größer war) und in Ermangelung an sonstigen Freiräumen... der Hohlraum unter dem Gepäckträger (wo auch das CDI-Steuergerät sitzt) ist bei mir leider momentan schon zugebaut. :whistle:

    Auch daher rührte mein erster Ansatz zur Idee mit dem PETling als Tank... die sind fast unkaputtbar. Letztlich könnte es aber natürlich durchaus an den Schläuchen im ungünstigsten Fall zu einer Beschädigung oder einem Abriss kommen und wenn dann wirklich alles schief geht, was schief gehen kann (natürlich wird es genau DAS dann auch tun)... tritt genau das ein, was du schon Skizziert hast.

    Nach reiflicher Überlegung war dies aber aus meiner Sicht tatsächlich noch der "geschützteste" Montage-Ort, der mir einfiel... sowohl optisch als auch mechanisch... zumindest an der Außenseite der Maschine.
    Eine Alternative wäre natürlich die Verlegung irgendwo unter die Verkleidung, weg vom Reifen. Die rechte Seitenverkleidung im Bereich des Luftansaugtrichters fiele mir da neben dem Raum unter der Sitzbank noch ein. Ich könnte natürlich besagten Hohlraum hinten am Steuergerät auch wieder freiräumen.


    Danke für deinen Einwand, ich lasse es mir auf jeden Fall noch mal durch den Kopf gehen. :thumbsup2:

  • Die Schlauchführung direkt unter der Kette ist schon keine allzu gute Idee weil die Kette an genau dieser Stelle im Schubbetrieb kräftig rumschlackert aber hinten die ganze Unterbringung im Radkasten halte ich tatsächlich für enorm gefährlich. Der Radkasten (oder wie auch immer das Motorrad-Äquivalent heißt) ist dazu da, dass das Rad beim Einfedern Platz hat. Wenn du eine Bordsteinkante runter fährst reißt dir dein Hinterrad da im unglücklichen Fall alles weg und der gesamte Tank wird sich über dein Hinterrad ergießen. Bitte unbedingt vor der ersten Probefahrt woanders hin setzen! Oder zumindest ungefüllt probieren.

  • Hallo Chicken Hawk,


    auch von mir Respekt für die Eigenentwicklung! Sollte irgendwann die vorgesehene Fördermenge nicht mehr stimmen, solltest Du auch den Silikonschlauch unter die Lupe nehmen. Schlauchpumpen mit Silikonschläuchen sind sicher gut geeignet für wässrige Medien (Medizinbereich), aber nicht unbedingt für aromaten- oder esterhaltige Öle. Ein weiteres Problem könnte auch die Fördermengenkonstanz sein: Wässrige Lösungen haben ein Viskosität um 1 mm²/sec bei RT, bei in Kettenölern eingesetzten Ölen werden Viskositäten von 100 bis 800 mm²/sec bei RT aufgerufen. Auf der Saugseite kann es dann schon einmal eng werden ...:(. Die Injektorspitze kann wahrscheinlich auch einfach in der 5- oder 6-Uhr-Position justiert werden - bei kommerziellen Ölern ist das so üblich, ich halte die Position auch für schlüssig.


    Freundliche Grüße


    Werner