Dakar versus Ur-F - meine ersten Erfahrungen mit der 2004-er F 650 GS Dakar

  • Hallo Leute,

    letztes Jahr war ich mit der guten alten Ur-F mit vollem Kampfgewicht (ich mit mehr als 100 kg in Montur+Sozia+Seitenkoffer+große Gepäcktasche+Tankrucksack+27-Liter-Acerbis-Tank) auf Sardinien on- und offroad unterwegs. Während sich die Fuhre auf gutem Asphalt sehr angenehm und sogar vergleichsweise sportlich bewegen ließ, schlug das Federbein bei Schlaglöchern und auf Schotterpisten ständig gnadenlos durch.

    Anstatt in ein teures neues Federbein mit ungewissem Erfolg zu investieren, habe ich mir statt dessen eine 2004-er F 650 GS Dakar Twinspark zugelegt und praktisch unter gleichen Bedingungen die Vorjahrestour wiederholt.


    Hier nun meine Pro's und Contra's:

    • + Federbein und Gabel sind über alle Kritik erhaben - haben alles weggesteckt, was mir in die Quere kam
    • + auf Asphalt gibt sie - wie die Ur-F auch, eine gute Figur ab, ermöglicht eine sportliche Fahrweise und hat einen ausreichend kräftigen Durchzug.
    • + Das Hacken des Motors in niedrigen Drehzahlen, wie ich es von der Ur-F kannte, existiert überhaupt nicht. 2000 U/min bei lockerem Dahinrollen und sachte Beschleunigung ab 2500 U/min sind problemlos machbar. Daher konnte ich auch sehr schaltfaul fahren.
    • + Dank des niedrigen Kraftstoffverbrauchs der Twinspark ist die Reichweite annähernd so gut wie bei der UR-F mit 27-Liter-Tank, d.h. deutlich > 400 km
    • + Die Sitzbank war sowohl für mich als auch für meine Sozia vergleichsweise angenehm. Erst nach mehreren Stunden am Stück meldete sich der Popo ein wenig.
    • - + Der erste Gang ist trotz 15-er Ritzels für Schritt-Tempo in schwierigen Passagen viel zu lang übersetzt. Aber das Problem haben ohnehin die meisten Enduros mit mehr als 400 cc. Wettgemacht hat das der Motor allerdings mit unglaublicher Laufruhe selbst in niedrigsten Drehzahlen und ohne zu Hacken und hat dabei im Gegensatz zu Vergaser-Maschinen nie den Dienst quittiert.
    • - Das Problem des fehlenden Leerlaufs (hier im Forum bereits ausführlich diskutiert) trat drei oder vier mal auf, allerdings nur während morgendlicher Kaltlaufphasen. Wenn der Motor mal warm war, trat das Problem nicht mehr auf. Übrigens habe ich dabei die verschiedenen Startprozeduren incl. Gasgriffvoodoo durchprobiert und stellte fest, dass das bei mir überhaupt keinen Einfluß auf den Leerlauf oder den sonstigen Motorlauf hatte. Wenn das Problem mit dem Leerlauf da war, half das alles nichts nichts und wenn der Leerlauf stabil war, brauchte ich weder das Erlöschen der Kontrolleuchten abwarten noch den Anlasser einige Sekunden mitlaufen lassen.
    • - für mich halben Riesen mit 1,77 cm ist die Sitzhöhe beim Anhalten im Gelände grenzwertig. Hangabwärts bekam ich - wenn überhaupt - nur noch mit den Stiefelspitzen Bodenkontakt. Und die Federbeinvorspannung herabzusetzen war leider auch keine Option, weil zurück auf dem Asphalt der TT-Hauptständer in Schräglagen ständig Bodenkontakt hatte und auch der Seitenständer in jeder Linkskurve auf dem Asphalt kratzte.
    • - Zum Aufbocken auf den Hauptständer fehlt ein vernünftiger Griff an der linken Fahrzeugseite. Bei leerem Motorrad ist das kein Thema, aber bei vollbepackter Fuhre genügt das eigene Körpergewicht für die Hebelwirkung am Hauptständer nicht mehr.

    Mein Fazit: Der Wechsel von der Ur-F zur Dakar hat sich für mich unterm Strich ausgezahlt, auch wenn nicht alles perfekt ist. Mit der Dakar sind Reisen zu Zweit und vollem Gepäck sowohl auf Asphalt als auch auf unbefestigten Wegen gut machbar. Allerdings ist die Dakar ist im Vergleich zu den "echten" Enduros vom Schlage einer XT, XL, KLR, KTM, etc. ein verdammt schwerer Eisenhaufen. Durchschnittliche Schotterpisten meistert sie zwar tadellos, aber für schweres Gelände ist sie einfach nicht gemacht.


    Gruß:wave:

    Udo

  • Danke Udo für deine Mühe beide zu vergleichen.


    Man kann bei der UR-F sicher noch einiges rausholen, wenn man bereit ist dafür zu investieren.

    Ob sich das rechnerisch lohnt muss natürlich jeder für sich entscheiden.


    Ich bleibe bei der UR-F. :wave:und rüste nach und nach auf. Weil Aufrüsten Spaß macht.

  • Ja natürlich, die Ur-F ist nach wie vor auch ein tolles Moped.
    Ich muss ausserdem betonen, dass ich ein Motorrad zum Reisen zu zweit suchte. Dementsprechend eben die Testbedingungen im Soziusbetrieb bei voller Zuladung und unterschiedlichen Fahrbahnbeschaffenheiten.

    Im Solobetrieb und leichtem Gepäck sieht die Sache schon ganz anders aus, da kann man mit der Ur-F auch schon einiges anstellen.

    Zum Wühlen im Dreck habe ich ja nach wie vor meine kleine feine KLR - nur da kriege ich meine Liebste nicht mehr drauf ;)

    Gruß

    Udo

  • Hallo Udo,

    Mein Fazit: Der Wechsel von der Ur-F zur Dakar hat sich für mich unterm Strich ausgezahlt, auch wenn nicht alles perfekt ist. Mit der Dakar sind Reisen zu Zweit und vollem Gepäck sowohl auf Asphalt als auch auf unbefestigten Wegen gut machbar. Allerdings ist die Dakar ist im Vergleich zu den "echten" Enduros vom Schlage einer XT, XL, KLR, KTM, etc. ein verdammt schwerer Eisenhaufen. Durchschnittliche Schotterpisten meistert sie zwar tadellos, aber für schweres Gelände ist sie einfach nicht gemacht.

    Auch von mir Vielen Dank für Deinen ausführlichen Erfahrungsbericht. Den Link müsste ich mir mal speichern als Antwort, wenn mal wieder mal jemand nach den Unterschieden zwischen den Modellen fragt.


    Für jemanden wie mich, der viel im Forum liest, ist Dein Fazit nicht überraschend. Natürlich erwartet man von dem neueren Motorrad, dass es besser ist.


    Von einer "echten" Enduro erwartet der Motorradreisende mehr als nur Geländetauglichkeit, deshalb sind "echte Enduro" für mich auch keine Crosser, sondern Allroundfahrzeuge, die natülich Kompromisse bedeuten.


    Ich hatte die GS ohne Dakar und bin eine Dakar nur mal für einen Tag gefahren und fand sie da auch ein bisschen hoch trotz 3 cm mehr an Größe. Viel höher als meine jetzige F800GS, die ich mit einer Sitzbank "erniedrigt" habe, war sie aber wohl auch nicht.


    Mit dem Hauptständer hatte ich nicht so das Problem: Es stimmt zwar, was Du schreibst, aber das Motorrad steht m. E. sicherer auf dem Seitenständer, weswegen der Hauptständer nur gelegentlich zum Einsatz kommt, zum Beispiel für die Kettenpflege, und dafür muss man das Gepäck doch sowieso abnehmen ?


    Eckart

  • Vielen Dank für den interessanten Bericht.

    Zum Thema Schleifen des Seitenständers, war bei mir auch so. Ich habe dann den kompletten Drahtbügel den man zum Ausklappen des Ständers betätigt nach oben gebogen dann war das Schleifen weg. Ich habe das Gefühl daß sich der Bügel durch das ständige Treten nach unten mit der Zeit langsam nach unten biegt.

  • Zitat

    Allerdings ist die Dakar ist im Vergleich zu den "echten" Enduros vom Schlage einer XT, XL, KLR, KTM, etc. ein verdammt schwerer Eisenhaufen.

    Durchschnittliche Schotterpisten meistert sie zwar tadellos, aber für schweres Gelände ist sie einfach nicht gemacht.

    Breche nun mal eine Lanze für meinen Liebling - die Dakar.


    Mit etwas mehr Beinlänge ist die Dakar für schwerere Aufgaben wirklich gut zu gebrauchen.

    Die rund 195kg beeinträchtigen zwar das Bergen im Falle eines Falles.

    Etwas zusätzlicher Schutz für Umfaller usw.sollte schon spendiert werden.

    (z.B. besserer Motorschutz, Gabelschutz z.B. Neopren, Kühlerschutz von vorne und seitlich)

    Mit groben Stollen und kürzerer Übersetzung hat mich die Dakar jahrelang durch wildes Geläuf getragen.

    Straße war dabei eher die Ausnahme - offroad ist und bleibt meine Leidenschaft.

    Ich behaupte, wo XT, KLR und XL durchkommen, kann die Dakar immer mithalten.


    Sportenduros der 110-120kg spielen natürlich in einer anderen Liga.


    Nach dem Umstieg 2007 auf die XCHallenge mit 35kg Mindergewicht und mehr Federweg

    habe ich mir zwar leichter getan, aber grundsätzlich wäre fast alles auch mit der Dakar gemeistert worden.

    Daher habe ich mich neben der XChallenge auch wieder der Dakar zugewendet.


    Sie hat bei den Allroundqualitäten den Fokus mehr auf Sozius-Tauglichkeit, Reichweite und Komfort.

    Mit etwas Willen kann man damit aber gut und gerne wilde Sachen machen - sie nimmt es einem nicht krumm.

    Wohlgemerkt - lange Beine sind dabei alles andere als hinderlich...


    Lieben Gruß - Ray











    Wie sagte Stefan: Es ist nicht die Badehose schuld, wenn der Bauer nicht schwimmen kann.

  • Schöne Bilder... :notworthy:

    dem schließe ich mich vorbehaltlos an!

    Du hast meinen vollen Respekt, 2meDakarRay !

    Allerdings galt mein Erfahrungsbericht dem Fahren mit Sozia und vollem Gepäck.

    Dass Solo und ohne bzw. nur mit leichtem Gepäck selbst mit der Ur-F einiges mehr möglich ist, darauf habe ich hingewiesen.

    Mich zieht es halt auf Urlaubsreisen mit der Liebsten hinten drauf immer wieder auch in solches Terrain, wie von Dir wunderbar dargestellt. Was mit meiner 150 kg KLR dann selbst zu zweit fast spielerisch gelang, war mit der Dakar jetzt aber richtige Schwerstarbeit, aber nicht unmöglich. Es gibt Cracks, die machen das sogar mit einer Boxer-GS!

    Als nächstes kommen bei meiner Dakar übrigens auch Grobstöller drauf. Mit was fährst Du, Ray ?

  • Vielen Dank für den interessanten Bericht.

    Zum Thema Schleifen des Seitenständers, war bei mir auch so. Ich habe dann den kompletten Drahtbügel den man zum Ausklappen des Ständers betätigt nach oben gebogen dann war das Schleifen weg. Ich habe das Gefühl daß sich der Bügel durch das ständige Treten nach unten mit der Zeit langsam nach unten biegt.

    siguzzi : Vielen dank für den Tip! ich werde mir das mal an meiner Dakar mal näher anschauen!

    Gruß :wave:

    Udo

  • Es gibt Cracks, die machen das sogar mit einer Boxer-GS!

    Als nächstes kommen bei meiner Dakar übrigens auch Grobstöller drauf. Mit was fährst Du...?

    Für Asphalt und trockenes Geläuf habe ich seit Jahren trotz leichter Schwächen im Abrollgeräusch den TKC80 drauf.

    Der taugt es auch bei den Zweiventilern und der Challenge.

    Wird es feucht und schlammig, kommen natürlich Reifen mit viel Negativprofil zum Einsatz.

    Da gibt es Glaubenskriege, ich selbst kam gut mit den Mefo Stonemaster, den 6-Days Reifen und sogar mit dem Michelin Desert zurecht.

    Jeder Reifen hat Vor- und Nachteile, auf Asphalt braucht man halt eine Eingewöhnungsphase mit viel Verständnis,

    denn früh eintretende Driftneigung und abnormer Verschleiß im Vergleich zu Straßenreifen ist mit soviel Negativprofil zwangsläufig gegeben.


    Da mein Sohn dieses Jahr erstmals auch auf einer Dakar mit im Westalpenurlaub war,

    hat er auch TKC-Erfahrungen gesammelt. Er war sehr zufrieden.

    Wir hatten alle den TKC80 drauf, von Manuels Plattfuss abgesehen war alles gut.

    Mit dem hinteren Platten ist Manuel aber noch vorsichtig ins Basecamp zurückgefahren (20km),

    der Reifen hat es klaglos weggesteckt, der Schlauch dagegen ging in die ewigen Jagdgründe ein.


    Lieben Gruß - Ray