LED Blinker mit Kellermann R2 Blinkerrelais - So wird's gemacht

  • Gleich vorweg: die nachfolgende Anleitung behandelt den Tausch der konventionellen Glühlampen-Blinklichter (nicht aber Tacho-Signallampe) auf LED Blinker zusammen mit dem Kellermann K2 Blinkrelais an der BMW F650 GS Baureihe 2004-07 unter Wahrung der normalen Funktionalität (Blinkfrequenz und Warnblinkanlage, falls vorhanden). Die beschriebenen Sachverhalte lassen sich grundsätzlich auch auf andere Modelle und Motorräder mit vergleichbarer Elektrik übertragen, aber testen konnte ich nur mit der eben erwähnten F650er GS. Für den Umbau werden ein Mindestmaß an elektrotechnischem Verständnis sowie geeignetes Werkzeug und sonstiges Material benötigt. Wenn dies nicht zur Gänze erfüllt sein sollte, führt kein Weg an der professionellen Werkstätte vorbei! Unbedingt vor Beginn der Arbeiten die Anleitung zur Gänze und in Ruhe durchlesen. Ganz Allgemein gilt natürlich, dass ich für keinerlei Schäden oder den Verfall von Garantie- und Gewährleistungsansprüchen hafte, die aufgrund von Maßnahmen basierend auf dieser Anleitung entstehen.


    Genug vom erhobenen Zeigefinger, jetzt kommt der Spaß!

    Hintergrund

    Die Chancen sind groß, dass der geneigte Leser dieser Zeilen so wie ich seinem bayerischen Eintopf ein etwas jüngeres Antlitz mit LED-Blingbling verpassen will und in weiterer Folge auf das Kellermann K2 Blinkrelais gestoßen ist. Die einen (nicht nur der Hersteller) preisen es als das ultimative Relais für alle Fälle an, die anderen wundern sich über den Kabelsalat (fünf Litzendrähte) hinsichtlich des Originalrelais (zwei Kontakte). Der Einbau mit Hilfe der dem R2 beiliegenden Anleitung gelingt dann soweit auch leidlich gut, bis zu diesem Punkt:

    Zitat

    Sollte eine Warnblinkanlage vorhanden sein, muss diese [...] stillgelegt werden.

    Dafuq? Mein Warnblinker ist in der EG Übereinstimmungsbescheinigung vermerkt und muss funktionieren, damit die Maschine den TÜV bzw. in Österreich das Pickerl erhält. Es gibt zwar viele Diskussionen zu diesem Thema in diesem und anderen Motorradforen, jedoch teils mit widersprüchlichen Angaben und persönlichen Erfahrungsberichten, sodass ich mich selbst hinter die Sache geklemmt habe.


    Dank geht an Moderator Eckart hier im F650.de-Forum, der in Beitrag #9 im folgenden Thread den entscheidenden Hinweis bei meinen Recherchen geliefert hat: Warnblinker nachrüsten.

    Persönliches

    Ich bin weder (semi-)professioneller Schrauber, noch hatte ich bis zu diesem Umbau Ahnung von Kfz-Elektrik. Diese baut auf jahrzehntelanger Erfahrung und ist massiv auf Reduktion der benötigten Teile und Kabel bei gleichzeitiger Robustheit optimiert, und ist daher vielleicht auch ein wenig undurchsichtig. Nach ein wenig Grübelei und dem erfolgreichen Umbau kann ich jedoch jetzt guten Gewissens behaupten, dass mein Elektrotechnik-Studium vielleicht weitgehendst gratis, aber definitiv nicht umsonst war. :)

    Was soll dieser Beitrag bezwecken?

    Folgendes:

    1. Eine Anleitung für den erfolgreichen Einbau von LED Blinkern ohne sowie mit Warnblinkanlage, der sich an nicht-Schrauber wie meinereiner richtet. In beiden Fällen bleibt die normale Funktionalität erhalten (z.B. Einschalten des Warnblinkeffekts nur mit Zündung, läuft dann auch ohne Zündung weiter).
    2. Ein wenig Hintergrundwissen zum Blinkersystem und dem Relais mitliefern.

    Leider habe ich meine eigenen Erfahrungen nicht fotografisch festgehalten, aber ich hoffe, dass keine 1000 Worte für ein Bild gebraucht werden.

    Benötigte Materialien

    Basis

    • BMW F 650 GS Baureihe 2004-07
    • Kellermann R2 Blinkrelais (bezogen von der Tante Louise)
    • LED Blinker (hier: ToXx LED Blinker sequentiell Blade aus der Bucht)
    • Reparaturanleitung (z.B. Band 5243 von Bucheli Verlag)
    • Werkzeug mit allen Schlüsseln und Bits, um die Elektrik freizulegen
    • Multimeter mit Durchgangsprüfer (für Ermittlung Massekontakt wo notwendig)
    • Seitenschneider
    • Stanley-Messer
    • Isolierband
    • Lötstation + Lötzinn

    Mit Warnblinkanlage

    • 2x Dioden (z.B. 1N5819, andere tuns auch, min. 1 A Stromfestigkeit)
    • 1x Widerstand 2...20 Ohm (min. 0,5 W)

    Nice to have

    • Schrumpfschläuche und Heißluftpistole
    • Abisolierzange
    • Kabelbinder

    Einbau

    Bitte unbedingt eine Reparaturanleitung mit Stromlaufplänen zur Hand haben! Einen Auszug aus meinem Buch habe ich als Bild angefügt.

    Grundlegendes

    • Für einen sicheren und aufrechten Stand der Maschine sorgen. Erleichtert die Arbeit ungemein!
    • Verkleidung (Seiten- und Mittelteile, Blinker-Blenden) runter
    • Batterie abklemmen (und bei ALLEN Arbeiten abgeklemmt lassen), mit Minuspol beginnen (somit kann beim Pluspol kein Kurzschluss über den Rahmen erfolgen)
    • Elektronikbox (zu finden gleich unter dem Lenker bzw. der Gabelbrücke) öffnen
    • Blinkerrelais (hängt an der Plastikabdeckung der Elektronikbox) abstecken

    Anschluss R2 mit/ohne Warnblinkanlage, erste Schritte

    Der Anschluss des roten, schwarzen und zweifärbigen Kabels erfolgt laut Anleitung und wird daher hier nur in aller Kürze ausgeführt:

    • Schwarzes Massekabel direkt auf die Batterie legen (kann dazu geschraubt werden)
    • Rotes und zweifärbiges Kabel mit vorhandenen Stecker verbinden. Für die Ermittlung der passenden Kontakt ebenfalls der Anleitung folgen.

    Anschluss R2 ohne Warnblinkanlage

    Mit den bisherigen Schritten blinken alle Blinker bei Betätigung des linken oder rechten Blinkerschalters (Warnblinkeffekt). Auch dieser Fall ist von der Anleitung abgedeckt:

    • An den vorderen Blinkern den Pluspol freilegen
    • Jeweils (!) ein graues Relaiskabel mit linkem und rechten Blinker verbinden. Die Reihenfolge ist egal, darum haben beide Kabel die gleiche Farbe. Warum das so ist erkläre ich ganz am Schluss.

    Anschluss R2 mit Warnblinkanlage

    In diesem Fall werden die grauen Kabel nicht benötigt. Kabelenden mit Isolierband abdecken und die beiden Kabel zu einem kleinen Paket rollen (ggfs. mit Kabelbinder sichern). Jetzt geht's ans Eingemachte, Vorsicht walten lassen:

    • Windschild abnehmen
    • Hauptlicht rausnehmen (auf die Gummihaube um den Lampenanschluss achten, der kann leicht reißen, z.B. durch schärfere Rahmenteile in der Frontpartie)
    • Stecker zwischen Kabelbaum und Kombiinstrument öffnen
    • Blau/rotes Kabel auf halber Länge zwischen Stecker und Kabelkanal des Kabelbaums durchschneiden.
    • Ebenso mit dem blau/schwarzen Kabel verfahren
    • Beim braunen Kabel auf halber Länge ca. 1 cm Isolierung entfernen. VORSICHT! Nicht die darunterliegenden Litzendrähte beschädigen! Braun steht für Masse und muss so niederohmig wie möglich sein.
    • Das blau/schwarze steckerseitige Ende mit dem freigelegten braunen Kabel verlöten.
    • An das blau/schwarze Kabelbaum-seitige Ende eine Diode in Flussrichtung löten (der Pfeil zeigt in die gleiche Richtung wie das Kabelende)
    • Ebenso mit dem blau/roten Kabel und der zweiten Diode verfahren
    • Die freien Dioden-Enden an den Widerstand löten
    • Das andere Ende des Widerstands mit dem steckerseitigen blau/roten Kabel verbinden
    • Alles sauber isolieren. Bei Verwendung von Schrumpfschläuchen ist natürlich vor dem Löten darauf zu achten, dass die Schläuche schon auf den Kabeln platziert sind.
    • Batterie anklemmen und (Warn-)Blinkfunktion testen, ggfs. Fehlersuche (gebrochener Dioden- oder Widerstandsdraht? Unsaubere Lötstelle? Falsche Leitungen erwischt? Sicherung abgeraucht?)
    • Batterie wieder abklemmen und alles in umgekehrter Reihenfolge zusammenbauen
    • In den Sonnenunterang reiten.

    Hintergrundwissen

    Hier zusammengefasst ein paar meiner Erkenntnisse. Das meiste habe ich mir selbst zusammengereimt, sollte ich also irgendwo falsch liegen, so ist Kritik und Korrekt absolut erwünscht! :thumbsup2:

    Grundsätzliches zum Blinkersystem in der F650GS

    Die Blinker-Signallampe im Kombiinstrument sitzt je nach Blinkerschalter-Stellung mit dem einen Pol am blau/roten und mit dem anderen Pol am blau/schwarzen Kabel. Bei Verwendung normaler Glühlampen im Blinkersystem schließt sich dabei der Stromkreis über die nicht-aktivierten Blinker. Die Signallampe hat einen wesentlich höheren Widerstand als die eigentlichen Blinker, sodass nur ein kleiner Strom fließt. Die Blinker leuchten genaugenommen immer mit, allerdings ganz ganz tief im Infrarotspektrum, da der Strom nicht für ein Leuchten im sichtbaren Spektrum ausreicht.

    Wozu die grauen Kabel am R2?

    LED-Blinker benötigen wesentlich weniger Strom als Glühlampen, was nebenbei gesagt auch der Grund für die falsche Blinkfrequenz mit konventionellen Blinkrelais ist. Im vorigen Punkt habe ich erwähnt, dass die Glühlampen-Blinker eigentlich immer mitleuchten. Genau das ist hier der Fall, sodass wir immer den Warnblinkeffekt haben, egal ob wir links oder rechts blinken. Hier schafft das R2 abhilfe, in dem es mittels der grauen Kabel einen Parallelwiderstand zu den Blinkern schließt, der quasi die ursprünglichen Glühlampen simuliert. Zumindest ist das meine Vermutung, da keinerlei Schaltpläne des Relais zu bekommen sind.

    Warum funktioniert die Warnblinkanlage nicht bei angeschlossenen grauen Kabeln?

    Keine Ahnung, da ich auch hier keinerlei Stromlaufpläne oder sonstige Infos zur Warnblinkanlage gefunden habe. :g:

    Wozu die Dioden vor der Kombiinstrument-Lampe?

    Die beiden Dioden verhindern, dass sich der Stromkreis von blau/rot über blau/schwarz bzw. umgekehrt schließen kann. So wird der ungewollte Warnblinkeffekt vermieden. ACHTUNG: Eine einzige LED anstelle der Glühlampe ist NICHT ausreichend und kann unter Umständen dazu führen, dass das Relais abraucht! Ein richtig dimensionierter Vorwiderstand ist hier notwendig (außerhalb des Rahmens dieser Anleitung), aber die beiden anderen Dioden sind weiterhin unerlässlich.

    Wozu der zusätzliche Widerstand?

    Dieser dient der Strombegrenzung und entlastet das Relais. Die kalte/dunkle Signallampe hat nämlich in den ersten Sekundenbruchteilen nach dem Aktivieren einen viel geringeren Widerstand als im Betrieb.

    Abschließend

    Mit diesem Beitrag möchte ich ein wenig von der Hilfe zurückgeben, die ich die durch andere Forendiskussionen- und Beiträge selbst (passiv) erhalten habe. Ich hoffe, mein Braindump ist halbwegs verständlich zu lesen und eine Stütze für all jene, die vor ähnlichen Problemen stehen. Viel Spaß mit euren gepimpten Eintöpfen oder sonstigen zweirädrigen Fahrgeschäften, und fahrt weiterhin vorsichtig! :eekout:


    Anhang: Stromlaufplan

  • Viel Text für einen ungebetenen Gast

    Das mag sein, aber wer basteln will, sollte sich schon eingehend damit befassen.

    Es ist ja ungewöhnlich und hat ein Lob verdient, dass ein Forenneuling mit einer solch umfassenden Ausarbeitung seinen Einstand gibt !


    Ich kann zwar nicht jede Einzelheit prüfen, habe aber inhaltlich nichts auszusetzen außer vielleicht an

    Dieser dient der Strombegrenzung und entlastet das Relais. Die kalte/dunkle Signallampe hat nämlich in den ersten Sekundenbruchteilen nach dem Aktivieren einen viel geringeren Widerstand als im Betrieb.

    Die Feststellung stimmt zwar, aber da das Relais (auch) für Glühlampen konzipiert ist, muss es mit dem Einschaltstrom der Glühbirnen auch ohne Vorwiderstand klarkommen (die Dioden sind entsprechend zu dimensionieren, der vorgeschlagene Typ dürfte aber geeignet sein).


    Eckart

  • :victory:


    Schliesse mich bezüglich Vorwiderstand dem Eckart an. Das 1.2W Signallämpchen kratzt das Relais nicht besonders. Es muss, bzw. ist ja auch in der Lage 4 x 21 Watt Blinkerglühbirnen zu schalten.


    Funktion der grauen Kabeln: Ich nehme an, das Relais findet raus welche Seite tatsächlich gespiesen wird und zieht die andere auf Masse, so dass die Signallampen Schaltung funktioniert. Widerstände im Relais im Relais wie von dir vermutet wäre auch eine Möglichkeit. Mal den Strom durch das graue Kabel messen?

    Wenn meine Vermutung stimmt, gebe es beim grauen Kabel der blinkenden Seite fast keinen Strom und nur einen kleinen Strom auf der nicht blinkenden Seite..

  • Zur Qualität der ToXx LED-Blinker welche der Autor verwendet hat, möchte ich meine Erfahrung teilen: Hatte einen Satz auf dem Moped meines Sohnes montiert. Nach neun Monaten und gerade mal 2000km Laufleistung dann Ausfall des ersten Blinkers (es leuchtete nur noch eine der insgesamt neun LEDs). Dachte mir es gibt ja ein Jahr Gewährleistung und daher ToXx freundlich angeschrieben. Die haben sich jedoch auf die Beweislastumkehr nach sechs Monaten berufen und mir "kulanterweise" angeboten, den Blinker nach Rücksendung auf meine Kosten und gegen zusätzliche 7EUR Porto auszutauschen. Habe dankend darauf verzichtet.