Kupplung defekt nach 14500 km?

  • Hallo zusammen,


    ich darf seit knapp 1,5 Jahren eine GS Bj. 2003 mit aktuell 14.500 km mein Eigen nennen. Auf meiner letzten Tour hat sich jedoch sehr unerwartet meine Kupplung verabschiedet.Soll heißen von jetzt auf gleich hatte die Maschine keinen Vortrieb mehr. Bei eingelegtem Gang kann ich das Motorrad problemlos festhalten. Es gab vorher keine Anzeichen einer schleifenden Kupplung. Zumindest habe ich nichts bemerkt. Öl war ordnungsgemäß befüllt 10w40 JASO MA-2.

    Nach längerer Standzeit habe ich sie neulich mal kurz gestartet. Gang eingelegt und siehe da es gab einen Vortrieb. Jedoch zeigte sich das gleiche Problem sofort danach wieder.

    Jetzt zu meiner Frage. Kann es sein, dass die Kupplung auch nach dieser kurzen Laufzeit (durch unbemerktes rutschen) schon runter ist oder gäbe es noch weitere Ursachen dafür auf die ich achten sollte, wenn den Kupplungsdeckel abnehme.


    Herzlichen Dank schon mal im voraus.

    Peder

  • Das Kupplungsspiel ist geprüft? Am Lenkerhebel und auch unten am Ausrücklager? Kupplungszug leicht und freigängig?


    Nette Grüße vom Michel aus der Pfalz. :wave:
    Head of F650 Forum :wink:

  • Sieht eigentlich ganz gut aus. Am Lenkerhebel ist 1-2mm Spiel und wenn ich die Einstellschraube komplett rein drehe, sodass das Ausrücklager frei ist dann sind es exakt 47mm. Kupplungszug ist leicht und freigängig.

  • Auch wenn die Spezifikationen des Öls für Nasskupplungen geeignet sind, schützen mineralische Öle angeblich besser vor Kupplungsutschen als synthetische. Etwas mehr Freiheiten bei der Wahl des Öls hat man mit verstärkten Kupplungsfedern. Deine F hat zwar eine geringe Laufleistung, nach 19 Jahren könnten die Kupplungsfedern aber auch ohne Nutzung verkürzt sein. Vermutlich musst Du nur die Federn tauschen, das Öffnen der Kupplung ist bei der F jedoch wegen einer starren Ölleitung, die man abbauen muss, etwas mühsam.

  • Kann es sein, dass die Kupplung auch nach dieser kurzen Laufzeit (durch unbemerktes rutschen) schon runter ist

    Eigentlich nicht.


    Die Kupplung meiner letzten F650GS hatte 90000 km gehalten und wahrscheinlich hätte sie noch länger gehalten, wenn sie nicht durch einen anderen Defekt, nämlich den des Ausrücklagers, beschädigt worden wäre. Insofern wäre also zu klären, was genau kaputt ist.


    Wenn Kupplungsrutschen gelegentlich und vorübergehend auftritt, ist das ja nichts anderes als das normale Rutschen beim Ein- und Auskuppeln. Wenn es dauerhaft auftritt, sollte man das aber eigentlich an einem Missverhältnis von Drehzahl zu Vortrieb erkennen. So einen Fall hatte ich noch nicht, bilde mir aber ein, dass ich sowas bemerken würde.


    Aus einem anderen Forum weiß ich aber auch, dass man eine Kupplung bei einer einzigen Fahrt ruinieren kann: Der Betreffende fragte nach Ersatzteilen für die Kupplung einer F800GS mit einer ähnlich geringen Kilometerleistung. Auf die Rückfrage, wieso denn jetzt schon die Kupplung fällig wäre, erklärte er, an eine Baustelle gekommen zu sein. Wozu hätte er schließlich eine Enduro. Statt die Umleitung ist er durch die Baustelle gefahren, wenige km durch den Sand. Am Ende hatte er viel länger gebraucht als die Umleitung gedauert hätte, um den Preis einer Kupplung ...


    Bisher ist ja alles Spekulation und wir wissen nicht, wie der Vorgänger damit umgegangen ist. Kupplungsdefekt muss ja nicht unbedingt nur Verschleiß sein, aber von anderen Defekten liest man so gut wie nie. Deswegen fürchte ich, mit einer Ferndiagnose kommt man nicjt viel weiter, Reinschauen wird wohl nötig sein, Aufmachen unabhängig von der Art des Fehlers wohl unvermeidlich.

  • Hallo Peder,


    grundsätzlich ist es möglich eine Kupplung komplett zu verschleißen, ohne einen Meter zu fahren. Ich glaube in Deinem Fall aber nicht an Verschleiß weil Du schreibst, dass der Vortrieb von jetzt auf gleich gefehlt hat. Im Normalbetrieb geschieht das durch Verschleiß oder Erlahmen der Kupplungsfedern langsam und schleichend.

    Schau Dir zunächst mal das Antriebsritzel der Kette am Motor an, ob die Verzahnung zur Welle noch in Ordnung ist. Wenn ja, würde ich den Kupplungszug am Motor aushängen und bei aufgebocktem Hinterrad, eingelegtem Gang und laufendem Motor versuchen, diesen mit der Bremse abzuwürgen. Wenn das nicht möglich ist, bleibt es Dir wohl nicht erspart, den linken Seitendeckel am Motor abzunehmen und den Ausrückmechanismus bzw. die Kupplung selbst unter die Lupe zu nehmen.


    Gutes Gelingen und beste Grüße

    Gerd

  • Habt vielen Dank für eure Antworten und Einschätzungen. Ferndiagnosen sind immer schwierig.

    Ich werde mich demnächst mal dran machen und mir die Kupplung anschauen. Ich hab bereits neue Lamellen, Scheiben und verstärkte Federn besorgt. An einen Defekt beim Ausrücklager habe ich bislang aber noch nicht gedacht. Den werde ich vermutlich durch ein mehr oder weniger starkes Spiel erkennen?

  • An einen Defekt beim Ausrücklager habe ich bislang aber noch nicht gedacht. Den werde ich vermutlich durch ein mehr oder weniger starkes Spiel erkennen?

    Ja, aber weil es schon etwas länger her ist, weiß ich es nur, weil ich mir meinen Bericht im Forum dazu nochmal angeschaut habe, der ist hier: Kupplungsgeräusche - was ist das ?


    Aber ich sage ja immer wieder: Nur die fehlerfreie Funktion ist definiert, Defekte können ja unterschiedlicher Art sein, auch am gleichen Bauteil.


    Ich hab bereits neue Lamellen, Scheiben und verstärkte Federn besorgt.

    Ich wundere mich ein bisschen über Dein Vorgehen: Erst kommt doch die Diagnose und erst wenn man weiß, was kaputt ist, besorgt man die Ersatzteile. Natürlich kann man sich bei Schwierigkeiten mit der Diagnose genötigt sehen, auch mal etwas auf Verdacht zu tauschen.


    Ich glaube in Deinem Fall aber nicht an Verschleiß weil Du schreibst, dass der Vortrieb von jetzt auf gleich gefehlt hat.

    Das sehe ich auch so.

    In Deinem Fall kommt es mir so vor, als habe sich etwas in der Kupplung verklemmt, was den ordentlichen Kraftschluss verhindert. Gehört habe ich sowas aber noch nicht und kenne mich auch nicht gut genug mit Kupplungen aus für einen heißen Tip.

  • Servus,
    nur zur Info:
    ich habe noch eine komplette Kupplung übrig, die bis zum Ausbau problemlos funktioniert hat und dann gegen eine Rekluse-Fliehkraftkupplung ersetzt wurde. Außerdem habe ich noch verstärkte Federn, es ist nicht unüblich, dass man nur 3 Federn gegen verstärkte austauscht und dafür kann ich dir die 6 entsprechenden Federn (verstärkte sind neu) anbieten, ansonsten müsse ich mal gucken wie man die verstärkten und die normale unterscheiden kann. zumindest mit bloßem Auge geht das nicht...


    melde dich gerne, wenn du irgendwas von den Teilen brauchst, hier nochmal eine Übersicht. Preislich einigen wir uns dann bestimmt.
    Federn (gebraucht, 3x verstärkt, 3x unverstärkt)

    Federn (3x gebraucht normal, 3x neu verstärkt)

    Kupplungsreibscheiben (gebraucht)

    Kupplungsbelagscheiben (gebraucht)
    Kupplungsbelagscheiben (neu)

    Kupplungskorb (gebraucht)

  • Vorsichtshalber mal kontrollieren, ob der Kupplungshebel komplett ausrückt oder nicht vielleicht am Handschutz anschlägt und von diesem in seinem Weg begrenzt wird - das macht genau die gleichen Symptome.


    Grüße

    Chris

    Meine Beiträge geben meine private Meinung wieder ohne Anspruch auf sachliche Richtigkeit.

  • DakarBGD : Herzlichen Dank für das Angebot. Reib-, Belagscheiben und verstärkte Federn liegen bereits bei mir.


    JustMe : Kupplungshebel ist freigängig. Wäre schön gewesen, wenn es das gewesen wäre.


    Vom Gefühl her ist es wirklich so wie Eckart schreibt, dass irgendwas das ordnungsgemäße schließen der Kupplung verhindert. Ich bin gespannt wie sich die Lage darstellt, wenn ich den Deckel aufmache. Wenn das Wetter etwas besser ist mach ich mich da dran.

  • Schau mal nach der Länge. Im Alter nimmt die ab.

    Ich hatte auch Kupplungsrutschen bei Drehzahlen ab etwa 4000 U/Min. Beim Zerlegen der Kupplung habe ich die Länge der alten Federn mit der der neuen (verstärkten) Federn verglichen - die war nahezu identisch im 0,1mm-Bereich (würde das als Messtoleranz ansehen - ist ja nicht so einfach, die Länge einer Schraubenfeder mit einem Messschieber zu messen). Trotzdem war das Rutschen nach dem Federtausch weg.

    Ich bin gespannt wie sich die Lage darstellt, wenn ich den Deckel aufmache. Wenn das Wetter etwas besser ist mach ich mich da dran.

    Bevor Du den Kupplungsdeckel abnimmst, schau Dir das Antriebsritzel an (s.o., #6). Wenn die Verzahnung auf der Welle versagt, hast Du auch von jetzt auf gleich keinen Vortrieb mehr. Wäre zwar kein typischer Fehler bei diesem Motorrad, aber man kann ja nie wissen... Und es ist schnell gemacht.

  • Schau mal nach der Länge. Im Alter nimmt die ab.

    Ich hatte auch Kupplungsrutschen bei Drehzahlen ab etwa 4000 U/Min. Beim Zerlegen der Kupplung habe ich die Länge der alten Federn mit der der neuen (verstärkten) Federn verglichen - die war nahezu identisch im 0,1mm-Bereich (würde das als Messtoleranz ansehen - ist ja nicht so einfach, die Länge einer Schraubenfeder mit einem Messschieber zu messen). Trotzdem war das Rutschen nach dem Federtausch weg.


    bei mir war es sichtbar und ich hatte kein rutschen.

  • Bevor du nach der Kupplung schaust, schraube mal die Ritzelabdeckung ab.
    Wenn du richtig Glück (?!) hast fehlt da drunter was. Und zwar die Ritzelmutter.


    Ich habe selbst mal eine GS mit "Getriebeschaden" gekauft, gleiche Fehlerbeschreibung,
    von jetzt auf gleich keinen Vortrieb mehr.
    Tja...eigentlich wollte ich die schlachten. Das hatte sich dann direkt erledigt, als ich die Ritzelabdeckung abgenommen hatte.
    So schnell und günstig habe ich noch nie einen vermeintlichen Getriebeschaden repariert.



    Ursächlich an der Stelle wahrscheinlich eine nicht umgebogenes Ritzelsicherungsblech, da geht die Ritzelmutter dann ziemlich schnell flöten,
    selbst wenn die mit dem richtigen Drehmoment angezogen wurde und Schraubensicherung aufgebracht wurde.
    Ich spreche aus leidvoller Erfahrung...ein Glück, dass ich zwei Motorräder ins Auto bringe und daher Ersatz hatte.
    Vor allem auf der Fahrt zur Strecke noch dran gedacht das Blech nochmal zu kontrollieren und vor Ort aufgrund selbstgemachten Zeitdrucks doch vergessen.
    10 Minuten später wusste ich wieder, dass und auch was ich vergessen hatte.





    Kurzum, es kann natürlich auch wirklich ein Problem mit der Kupplung oder gar dem Getriebe vorliegen,
    aber mal kurz die drei Schrauben ab und drunter schauen schadet keineswegs.

  • Hallo zusammen,


    ich hab jetzt endlich mal Zeit gefunden mich ans Schrauben zu machen. Und siehe da, des Rätsels Lösung ist gefunden. Ein "Zahn" des Ausrückers ist abgebrochen und der steckte zum Glück noch in der Betätigungswelle.


    Gruß

    Peder